Vom Selbstverständnis eines Gemeinderats

Vieles war in der letzten Ausgabe der Gemeinderundschau von SPD, GRÜNE und Freie Wähler zu diesem Thema zu lesen. Die Gemeindeordnung wurde zitiert, Grundsätzliches zu Demokratieverständnis ausgeführt, vieles oder sogar das Meiste davon entsprach auch unserer Meinung zu einer aktiven Demokratie auf Ebene einer Kommune.

Nicht viel zu lesen war aber in den meisten Beiträgen zum Thema Vorbildverhalten. In einer Zeit in der den Bürgerinnen und Bürgern Erhebliches zugemutet wird, in der Freiheitsrechte empfindlich eingeschränkt werden, in der Enkel ihre Großeltern nicht besuchen dürfen, in der keine Gottesdienste stattfinden dürfen, in der den Vereinen verboten wird Versammlungen durchzuführen und Zusammenkünfte verboten werden, in einer solchen Zeit muss gerade auch ein Gemeinderat Vorbild zeigen. Erfreulicherweise halten sich die allermeisten unserer Einwohner an die Beschränkungen, vielen Dank an dieser Stelle.

Dem Selbstverständnis unserer Fraktionsmitglieder folgend, überstieg es unser Vorstellungsvermögen, in einer solchen beispiellosen Zeit eine Gemeinderatssitzung mit voller Besetzung durchzuführen.
 
 
 
 
Das kann man der Bevölkerung derzeit nicht vermitteln. Unsere Bitte ging daher an unseren Bürgermeister intensiv zu prüfen, wie dringlich und unaufschiebbar Themen sind, die sofort behandelt werden müssen. Selbstverständlich darf der Gemeinde durch Nichttätigkeit des Gemeinderats kein Schaden entstehen. Gottseidank kam der Bürgermeister nach Prüfung der Sachverhalte zum Beschluss, weder im März noch im April eine Sitzung durchführen zu müssen, da die zu beratenden Gegenstände auch noch im Mai oder später behandelt werden können.

Wäre der Bürgermeister zu einem anderen Ergebnis gekommen, und Themen hätten keinen Aufschub geduldet , dann wäre zu prüfen gewesen, in welcher Form, der derzeitigen Infektionsproblematik entsprechend, diese Sitzung hätte durchgeführt werden müssen. Ein größerer Tagungsort und die Einhaltung von Abstandsregelungen und Hygienevorschriften wäre das eine gewesen. Eine Durchführung in voller Besetzung wäre aber das andere gewesen, und entsprach wie bereits ausgeführt nicht unserem Selbstverständnis eines Vorbildverhaltens. Leider folgten andere Fraktionen nicht unserem Vorschlag, das Gremium, auf freiwilliger Basis und unter Vereinbarung der Fraktionen insgesamt in geringerer Zahl tagen zu lassen. Die CDU war bereit, entsprechend der Mehrheitsverhältnisse in reduzierter Form teilzunehmen, dies hätten auch andere entsprechend ihrer Mandatsgröße tun können, womit der Proporz auch gewahrt geblieben wäre. Dieses Verfahren (pairing) funktioniert in anderen Kommunen, auch in Landtagen und auch im Bundestag. In der Gemeindeordnung ist das nicht gesetzlich geregelt, es wäre aber bei freiwilliger Vereinbarung der Fraktionen möglich und auch zulässig gewesen.

Eine der Erfahrungen aus der Krise muss es auch sein , die Gemeindeordnung für Krisenzeiten fit zu machen. Videokonferenzen unter Wahrung der Öffentlichkeit, elektronische Umlaufbeschlüsse und vieles mehr muss mit Blick auf diese Krise neu betrachtet und auch geregelt werden. Wir werden unseren Mandatsträgern im Landtag z.B. dringend empfehlen auf eine Änderung des elektronischen Umlaufverfahrens gemäß § 37 der Gemeindeordnung, das eine Einstimmigkeit vorsieht, hinzuwirken. Auf diesem Weg sollten auch weiterhin nur einfache Angelegenheiten beschlossen werden. Leider hat das elektronische Umlaufverfahren in der derzeitigen Form dazu geführt, dass ein Beschluss nicht erfolgen konnte. Es kann nicht sein, dass ein einzelner Gemeinderat einen Beschluss des Gremiums (wie bei uns geschehen) torpedieren kann. Hier könnte man auch eine Zwei /Drittelmehrheit als Mindestquorum festlegen. Wir werden entsprechende Vorschläge an unsere Landtagsabgeordneten richten.

Wichtige Entscheidungen wie z.B. Haushaltsberatungen und andere Grundsatzbeschlüsse müssen selbstverständlich auch weiterhin in öffentlicher Sitzung unter physischer Anwesenheit und unter Austausch von Meinungen beraten und beschlossen werden. Wir freuen uns darauf, bei mehr Normalität und besseren Rahmenbedingungen den politischen Meinungsaustausch im Interesse der Weiterentwicklung unserer Gemeinde fortzuführen.

Hans Becker, Fraktionssprecher

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